Ein Motorrad ersteigert, was nun?
... und auf einmal hatten wir den Zuschlag. Als wir dann die Maschine abgeholt hatten, wurde uns klar:
Das wird in Arbeit ausarten.
Die Maschine war nicht gerade in einem optimalem Zustand. Nein. Sie war komplett vermurkst. Wir mussten feststellen, dass wir das Bike aus den Fängen eines Unglück-Schraubers befreit hatten.
Es fehlten überall irgendwelche Schrauben. Der Auspuff hing nur noch aus Gewohnheit an seinem Platz. Etwa die Hälfte der Schrauben der beiden Motordeckel fehlte oder war abgebrochen (und die abgebrochenen Köpfe zum Teil eingeklebt!!). Der Schalthebel war angeschweißt, weil die Aufnahme an der Schaltwelle vermurkst wurde. Aber auch der Schweißpunkt sah komisch aus. Der Lenker war verbogen. Aus dem Kühlwasserkreislauf kam nur eine zähe Flüssigkeit heraus, die nur etwas heller war, als die Hintergrundfarbe auf dem Infoblock rechts. Die Zylinderkopfdichtung hatte schon Tränen. Die Verkabelung war schlicht abenteuerlich. Ein Loch im Luftfilterkasten wurde mit einer eingeklebten 5 mm starken Metallplatte abgedichtet. Der Rahmen war am Auge für das Lager der Hinterradschwinge gerissen. Die Nadellager selbst waren fest. Die Schwinge drehte sich deshalb mit dem Bolzen in den Rahmenaugen. Aber seht selbst!
Und bei diesen beiden Punkten hörte der Spaß endgültig auf und wir entschieden uns, die Maschine zu zerlegen. Der Winter lag vor uns und wir hatten alle Zeit der Welt. Also besorgten wir uns zunächst das offizielle Sachs-Werkstatthandbuch sowie die Originalersatzteilliste. Und schon ging es los:
Während wir also die Sachs zerlegten, prüften wir die Wiederverwendbarkeit der Teile und erfassten sie auf unserer "Wunschliste". Einige Teile wie z.B. der Auspuffhalter oder diverse Abdichtungen waren einfach nicht mehr da. Dank der Ersatzteilliste mit den Explosionszeichnungen war das aber schnell zu erkennen und die Teile wieder zu beschaffen. Wir haben die Teile nach Funktion und nicht nach Schönheit ersetzt, wie z.B. den verbogenen Lenker. Die seitlich aufgerissene Sitzbank ist zwar nicht mehr schön, erfüllt aber ihren Zweck voll und ganz. Auf diese Weise hielten sich die Kosten in Grenzen. Nach der Auswahl der Teile ging es zunächst an die Beschaffung. Die Liste hatte dann über 80 Positionen. Angefangen beim fehlenden Seitendeckel über Nadellager für die Hinterradschwinge, Installationsmaterial, Ölen, Dichtungen bis hin zu Vergaserteilen war aus jeder Ecke der Maschine etwas dabei. Den Motor selbst hatten wir bis auf den Zylinderkopf nicht zerlegt, weil wegen dem angeschweißten Schalthebel keine zerstörungsfreie Demontage möglich war. Hier galt: Laufen lassen und beobachten.
Am Ende dieser Phase blieben nur noch ein paar Kisten mit diversen Mopedteilen in der Garage stehen.
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Technische Daten:
Allgemein:
KM-Stand: ca. 18000 km HU bis Mai 2015 Leergewicht: 125 kg zul. Gesamtgewicht: 320 kg Radstand: 1420 mm Sitzhöhe: 860 mm Lenkerbreite: 830 mm Tankinhalt: 14,6l je nach Drosselung: Leistung: 17/11/8 KW Höchstgeschwindigkeit: 120/102/80 km/h
Motor: Minarelli 4BN 1-Zylinder - Zweitaktmotor E-Starter Hubraum: 124,8 cm³ Bohrung: 56,0 mm Hub: 50,7 mm Vergaser: Del'Orto PHBH28VS Getrenntschmierung mit Ölpumpe Wasserkühlung Mehrscheibenölbadkupplung Elektronische Zündung ungeregelter Katalysator
Fahrwerk: Einschleifen-Rohrrahmen mit doppeltem Unterzug Nachlauf: 100 mm Lenkkopfwinkel: 64° Federung: Teleskopgabel vorn, Zentralfederbein hinten Räder: 21 und 18" Federweg vorn: 240 mm Federweg hinten: 250 mm Bremse vorn: Zweikolben-Scheibenbremse Bremse hinten: Einkolben-Scheibenbremse
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